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01.09. - 05.09.2017 Chile

Arica, die Mumien der Chincarro, die Geoglyphen in Nordchile, kurzer Stop in San Pedro de Atacama und ab ueber den Paso Jama nach Argentinien

Beim ersten Aufwachen in Chile spielt die zweistuendige Zeitverschiebung mit uns. Britta wirbelt schon um 5h durch das Haeuschen und Sebastian ist selbst um 8h schwer aus dem Federn zu kriegen. Nach dem Fruehstueck steht „Schrauben“ auf dem Programm, Sebastian Lieblingsarbeit – mal wieder ist die Schraube vom Turbolader locker, gefühlt zum hundertsten Mal. Er ersetzt sie – mal sehen, wann sie sich wieder meldet.

Dann fahren wir zu den praekolumbianischen Geoglyphen von Lluta, ein paar Kilometer noerdlich von Arica. Man kann einen Frosch erkennen, Menschen und Lamas. Sie erinnern an die Handelsroute der Tiwanaku, die vom Meer an den Titicacasee verlief.





Anschliessend fahren wir ins Stadtzentrum von Arica, genauer gesagt ins Museum „Colon 11“. Das winzige Museum birgt einige der aeltesten Mumien Suedamerikas, die Mumien der Chinchorros. Eigentlich wurde das ehemalige Wohnhaus gekauft, um es in ein Hotel zu verwandeln. Als man mit den Aushubarbeiten begann, stiess man auf Knochen – und dann nahm die Archaeologie sich der Sache an. Die Knochenfunde stammen von den Chinchorros, die 5000 – 1500 v. Chr hier lebten. Man fand drei Lagen Skelette mit Altersdifferenzen von ca. 3000 Jahren. Der Fuss des Cerro Morro wurde also ueber Jahrtausende hinweg als Grabstaette genutzt. Die Funde, einschliesslich ihrer Grabbeigaben in Form von Muscheln und Federn waren zu gebrechlich, um in das Hauptmuseum der Chinchorro-Mumien in Azapa transportiert zu werden. Daher kaufte die Stadt dem Hotelier das Haus ab, liess die 32 Mumien so in der Erde liegen wie man sie fand und deckte sie mit dicken Glasplatten ab. Entstanden ist ein kleines aber sehr interessantes Museum.


mit rot gefaerbten Haaren


geschmueckt mit Federn

Ueberhaupt ist Arica eine geschichtstraechtige Stadt. Vor den Unabhaengigkeitskriegen gehoerte Arica zu Peru. Doch nach der Entdeckung von Salpeter in der Region, kam es zum Salpeterkrieg zwischen Chile, Bolivien und Peru. Am 7.6.1880 konnten die Chilenen Arica durch die Stuermung der Festung auf dem Cerro Morro erobern. 1883 wurde der Krieg beendet und die Stadt dem chilenischen Staatsgebiet eingegliedert.

Weiterhin ist die Kathedrale San Marcos sehenswert. Der chilenische Praesident Balta beauftragte Gustave Eiffel mit dem Bau der Kirche. Sie wurde in den 1870er Jahren in Frankreich aus Stahl gefertigt und dann per Schiff nach Arica transportiert.



Bevor wir die Stadt verlassen versuchen wir nochmal unser Glueck beim Gashaendler. Und heute soll das Unmoegliche moeglich werden. Von allen Gaswerken in Chile ist das in Arica das einzige, das eine deutsche Gasflasche ohne Adapter fuellen kann. Wir sind uebergluecklich und ab heute wird wieder gekocht, ohne auf den Gasverbrauch zu achten.

Von Arica aus fahren wir ins Museum San Miguel nach Azapa, dem Hauptmuseum der Chinchorro-Mumien. Die Chinchorro lebten im Sueden Perus und im Norden Chiles, waren Jaeger und Sammler und ernaehrten sich hauptsaechlich vom Fischfang. Bekannt wurden sie durch ihre umfangreiche Art der Mumifizierung, wobei bis heute unklar ist, warum sie diesen Totenkult praktizierten. Bisher wurden 300 Mumien des Volkes gefunden, von denen 159 kuenstlich mumifiziert wurden. Die  aelteste kuenstlich mumifizierte Kinderleiche stammt aus dem Jahr 5050 v. Chr. Als Haupttodesursache konnten die Wissenschaftler Lungenentzuendungen feststellen. Weiterhin war die Blutarmut sehr verbreitet, sowie der Tod durch Mageninfektionen, die auf die Ernaehrung mit rohen oder halbgegarten Zutaten zurueckzufuehren sind. Typische Grabbeigaben waren teilweise rot gefaerbte Muscheln oder Federn.

In den Jahren bis 1500 v. Chr erarbeiteten die Chinchorro vier unterschiedliche Stile der Mumifizierung: die schwarzen Mumien, die roten Mumien, Mumien mit Bandagen und Mumien mit Schlamm.

Hauptsaechlich wurde der Kult bei Kinderleichen festgestellt. Sogar totgeborene Embryos wurden entsprechend bearbeitet. Vielleicht zeigte man damit, dass auch sie schon zur Familie gehoerten.

Die schwarze Mumifizierung wurde von 5000 – 2800 v. Chr. praktiziert. Es war die komplizierteste Art, die Leichen zu bearbeiten. Die Toten wurden komplett zerlegt und die Organe und das Muskelfleisch entfernt. Die Knochen wurden anschliessend mit Schienen aus Holz verstaerkt und in Matten eingewickelt. Der Koerper wurde mit Asche, Lehm und Pflanzen gefuellt. Anschliessend wurde die Haut wieder ueber den Koerper gezogen und das Gesicht mit Asche bedeckt. Der Schaedel wurde mit einer Peruecke aus kurzem Haar dekoriert. Mit einer duennen Schicht aus oxidiertem Magnesium wurden die Gesichter schwarz bemalt.



Die rote Mumifizierung aus den Jahren 2500 – 1500 v. Chr. wurde durchgefuehrt, indem man durch Schnitte im Bauch, den Achseln, der Leiste und in den Knien die Organe und die Muskulatur entfernte. Durch die Abtrennung des Kopfes konnte das Gehirn entfernt werden. Nachdem der Koerper getrocknet war, wurden die Hohlraeume ebenfalls mit unterschiedlichen Materialien gestopft. Man modellierte das Gesicht und malte anschliessend den Koerper mit oxidiertem Eisen rot an.



Bei der bandagierten Mumien handelt es sich um eine Abwandlung der roten Mumie. Nur wurde hier die Haut durch eine Bandage ersetzt. Man fand auch Mumien, bei denen die Menschenhaut durch eine rot gefaerbte Pelikanhaut ersetzt wurde.


Bei den Schlammmumien fand man keine Eingriffe in den Koerper. Nach der Austrocknung wurden sie nur mit einem Schlamm-Eiweiss-Gemisch einbalsamiert.


Wieso, weshalb warum? Das konnte die Wissenschaft bis dato nicht klaeren, da man ueber die Chinchorro an sich wenig weiss.

Nach einem Tankstopp in Arica fahren wir zu den Presencias Tutelares, 2-9m hohe Skulpturen des chilenischen Kuenstlers Juan Diaz Fleming aus den Jahren 1997 und 1999. Er wollte die Stammesherkunft der andinen Bevoelkerung und ihre kosmische Beziehung zu Sonne und Mond symbolisieren. Wir nutzen die untergehende Sonne fuer ein paar nette Fotos und uebernachten auf dem Parkplatz vor Ort.

 






Nach einer ruhigen Nacht fahren wir weiter Richtung Süden. Bevor wir die Geoplyphentour starten entdecken wir unweit der Panamericana zwei kunstvolle Chinchorro-Statuen. Die Koerper sind mit den bisher entdeckten Gegenstaenden dieser Kultur geschmueckt: Mumien, Muscheln, Werkzeuge. Im Arm der maennlichen Figur ist ein Klangspiel installiert, dass durch den Wind angenehme Toene verursacht.







In den letzten 30 Jahren wurden ueber 5000 Geoglyphen in der Atacama registriert, die in den Jahren 600 – 1500 n. Chr. entstanden. Sie stammen von mehreren suedamerikanischen Kulturen, einschliesslich der Tiwanaku und der Inka.  Sie liegen alle entlang der prähispanischen  Lamakarawanenwege, welche die Küstensiedlungen mit den Anden verbanden. Am häufigsten wurde der dunkle Wuestensand entfernt, so dass der hellere Untergrund zum Vorschein kam. Teilweise wurden auch Steine sortiert und zur Bildung der Figuren angeordnet. Viele Geoglyphen wurden durch eine Kombination beider Techniken geschaffen. Es gibt geometrische Figuren, Menschenbilder oder Tierbilder. Vermutlich hatten sie symbolische und rituelle Bedeutungen. Sie koennten auch Hinweise auf den richtigen Weg oder zu Quellen dargestellt haben.

Der erste Stopp, wo wir auch Mittagspause machen, sind die Geoglyphen von Tiliviche. Vom gegenueber liegenden Huegel sieht man eine Lamaherde mit einigen Menschen. Die meisten Lamas laufen in Richtung Meer.



Ein paar Kilometer weiter entdecken wir die Geoglyphen von Auca. Um sie besser als von der Strasse sehen zu koennen, muesste man auf die Huegel klettern. Bei den heissen Wuestentemperaturen sehen wir davon ab.

Weiter geht’s zum El Gigante de Atacama, der auf ein Fotoshooting mit uns wartet. Der Riese ist laut den Schilder vor Ort 86 m hoch und laut Internet 115m. Wir koennen es nicht ueberpruefen, auf jeden Fall ist er im Vergleich zum unserem Bus sehr gross. Mit einer Flaeche von 3000m2 handelt sich um das groesste Menschenbild, das bisher entdeckt wurde. Der Riese stellt vermutlich einen Schoefpergott der Tarapaca dar.





Insgesamt sind am Cerro Unitas 21 Geoglyphen registriert worden, darunter auch geographische Muster, die in den Jahren 900 – 1450 n.Chr. entstanden.

Als Hoehepunkt des Tages besuchen wir Humberstone, eine UNESCO Weltkulturerbestaette, die als gefaehrdet eingestuft wurde, aber weiterhin dem Wirken der Wueste ausgeliefert ist. 1857 entdeckte man Salpeter in der damals noch peruanischen und bolivianischen Wueste. Da beiden Laendern die finanziellen Mittel zum Abbau fehlten, kam Chile ins Spiel, das zunaechst nur Abbaurecht erhielt. Durch den Salpeterkrieg gewann Chile spaeter einen grossen Teil der Gebiete und Bolivien verlor seinen Meereszugang (was sie bis heute nicht verkraftet haben). Die Salpeterstadt wurde mit dem Beginn des Salpeterabbaus ab 1872 aufgebaut. Salpeter dient der Nitratgewinnung, verwendet bei der Herstellung von Duenger, spaeter auch Fensterscheiben, Filmen, med, Seife…. James Thomas Humberstone, der gute Beziehungen nach England hatte, wurde von den Briten kostenlos mit Knowhow beliefert, was eine Industrialisierung des Abbaus moeglich machte. So wurde Humberstone zum groessten Werk in Chile. In der Stadt lebten bis zu 3700 Mitarbeiter, die in dem angrenzenden Salpeterwerk Santa Laura arbeiteten.

Humberstone errichtete hier nicht nur Wohnungen fuer seine Arbeiter, sondern eine Stadt mit vielen kulturellen Einrichtungen, u.a. Tennisplatz, Theater, Kino, Schwimmbad,  Fussballplatz, Bar, Salon, Geschaefte, Kirche. Es gab eine eigene Waehrung innerhalb der Stadt, mit der die Mitarbeiter auch importierte Waren aus Europa kaufen konnten. Die Baumaterialien wurden im Austausch vor allem aus Nordamerika importiert.

Die Salpeterindustrie brummte und ein Werk nach dem anderen entstand. Am Ende gab es 130 „oficinas“ Staedte und Werke. Der Boom hielt an bis in den 1930er Jahren in Deutschland die Ammoniak-Synthese durch Haber und Bosch erfunden wurde, die eine kuenstliche Herstellung moeglich machte. Dies war guenstiger und brach dem Abbau in Chile das Genick. In den 1960er Jahren versiegte der Abbau von Salpeter. Die Schließung zog zunaechst einen raschen Verfall der Siedlungen nach sich. Wiederverwertbare Baumaterialien wurden ausgebaut und  Vandalismus machte sich breit. Nicht alle Staedte waren erdbebensicher konstruiert, so dass die meisten verfallenen Staedte durch viele Erdbeben dem Boden gleich gemacht wurden. Durch eine erdbebensichere Bauweise stehen in Humberstone heute noch 90% der urspruenglichen Gebaeude, wenn auch teilweise stark einsturzgefaehrdet.






im Haus von Humberstone gab es die einzigen Porzellantoiletten, aus Europa importiert










selbst hergestellte Toilette aus Gusseisen

 












an der Theaterkasse


der Tanzsaal im Hotel


Blick aus dem Krankenhaus






nicht mehr zu retten







Nach Humberstone fahren wir ein paar Kilometer weiter nach Pozo Almonte, ein kleiner ganz gemuetlicher Ort, wo wir eine ruhige Nacht auf dem Plaza de Armas verbringen.


Sonntagsausfahrt um uns herum

Weiter geht es zum Cerro Pintado, sicherlich das Highlight der Geoglyphentour. Auf einer Laenge von ca. 3 km fand man 450 Geoglyphen aus den Jahren 900 – 1400 n. Chr.













Dann geht’s nach Maria Elena. Auf dem Weg dorthin passieren wir viele Geisterstaedte und Ruinen. Maria Elena ist der einzige Ort der Welt, in dem noch natuerliches Salpeter abgebaut wird. Warum sich die Miene haelt wissen wir nicht. Der Ort lebt aber davon und scheint stolz darauf zu sein. Am Ortsausgang steht: „Wir sind Leben in der Wueste“.  Hier gibt es ein sehr gutes Museum, in dem die Geschichte des Salpeters sowie die Entwicklung der Region dargestellt ist. Die Atacama ist die trockenste Wueste der Erde, weshalb eine Besiedlung nicht moeglich war. Einzige Wasserquelle ist der Rio Loa. (Alle Salpeterstaedte wuerden mit Brunnenwasser versorgt). 11000 – 4000 v. Chr. lebten in der Region die Jaeger und Sammler als Nomaden. Aus den Jahren 4000 – 2000 v. Chr. fand man Hinweise auf Gesellschaften, die Landwirtschaft betrieben. Erst in den Jahren 2000 – 500 v. Chr. entwickelten sich Gesellschaften (die Cachance-Kultur), die sesshaft waren und ein soziales und politisches System hatten. Im Museum sind u.a. Mumien, Grabbeigaben und Stoffe aus dieser Zeit ausgestellt. Die Entwicklung der spaeteren Kulturen wurden hauptsaechlich von den Tiwanaku beeinflusst.




Nach einer etwas ungemuetlichen Nacht vor dem Museum mit musikalischer Dauerbeschallung, fahren wir nach Calama.


gerade als wir die Panam fuer diese Reise verlassen wollen sehen wir endlich das Schild

Laut Internet soll es seit September wieder Fuehrungen in Chuquicamata, der groesste Kupfermine der Welt, geben (hier standen wir schon mal im April vor verschlossenen Tueren). Tja, aber es handelt sich um eine Fehlinformation. Die Tueren sind immer noch zu und auf dem Schild steht nur, dass alle Fuehrungen aus operativen Gruenden ausgesetzt seien. Was auch immer das bedeutet. Wir duesen weiter nach San Pedro de Atacama. Die wunderschoene Landschaft beeindruckt uns wieder von Neuem. War es beim letzen Mal auch schon soooo schoen? Britta knipst was die Kamera hergibt …vermutlich alles doppelt und dreifach. Aber weil es so schoen war kommen hier nochmal einige Landschaftsfotos:









Wir verwandeln die letzten chilenischen Peso in Kuchen und Kaffee und fahren ein Stueckchen in Richtung Paso Jama, wo wir mit Blick auf den Sonnenuntergang einen Stellplatz in der Praerie finden.


kleiner Sandsturm


die Atacama und der Licancabur im Abendlicht


kein Hotel in San Pedro kann bei diesem Ausblick mithalten

Am naechsten Morgen geht’s in Windeseile ueber den Paso Jama nach Argentinien.
















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