12.01. - 21.01.2017 Argentinien
Von El Chalten zum Grenzuebergang Los Antiguos / Chile Chico
Vor uns liegen 719 Kilometer bis zum Grenzuebergang nach Chile. 719 Kilometer karge Landschaft, Halbwueste und der starke Wind blaest den Sand durch alle Ritzen ins Auto und in die Wohnkabine. Auf der Strecke gibt es keine nennenswerten Highlights, die wir einbauen koennten. Wir fahren und fahren und wissen noch nicht so genau, ob wir die Landschaft einfach nur langweilig oder doch faszinierend finden sollen.
Ein grosser Teil der Ruta 40 ist nicht geteert und trotzdem rennen die meisten entgegenkommenden Fahrzeuge ohne Ruecksicht auf Verluste, entweder mit dem Mietwagen oder mit dem eigenen Fahrzeug, das schon lange keinen deutschen TUV mehr bekommen wuerde. Trotz aller Vorsicht kommt es natuerlich wie es kommen musste – eigentlich war es nur eine Frage der Zeit. Ein entgegenkommender Raser wirbelt durch seine Geschwindigkeit viele Steine auf und mindestens einer schafft den Weg bis zu unserer Windschutzscheibe ... Steinschlag...und was fuer einer....wenn uns nun die ganze Scheibe reisst haben wir ein Problem, denn Ersatz ist hier nicht zu bekommen. Wir halten sofort an, parken den Bus mit der Rueckseite zum Wind und beginnen mit der Steinschlagreparatur mit Fluessigharz, fuer uns beide das erste Mal. Am Ende kann man mit dem Ergebnis zunaechst zufrieden sein, ob die Scheibe haelt werden wir dann sehen. Auf jeden Fall werden wir nun die Augen nach dem suedamerikanischen „Carglass“ offen halten, um die Stelle ueberpruefen zu lassen.
Wir fahren weiter und sehen die Pummels an ihrem Nachtquartier am Lago Cardiel und gesellen uns dazu. Mit einem Glaeschen Wein und einem wunderschoenen Sonnenuntergang geniessen wir den fast windstillen Abend.
Nach einem Fruehstueck in der Sonne geht’s weiter auf der Schotterpiste, wir halten fast am Seitenrand an, wenn uns ein Auto entgegen kommt. Die Scheibe haelt und wir erreichen die Teerstrasse – ein Fahrgefuehl wie im Urlaub
Die Fahrt ist langweilig, landschaftlich tut sich echt nix, gerade Strassen, blauer langweiliger Himmel und Gegenwind. Sebastian ist tapfer und faehrt den Bus, gegen den Wind kaempfend, die Ruta 40 nordwaerts.
In Gobernador Gregores tanken wir und in dem trostlosen Bajo Caracoles machen wir eine Pause...hier will man noch nicht mal begraben sein.
Nach ein paar Kilometern kommt das unerwartete Highlight des Tages. Ploetzlich aendert sich die Landschaft hinter jeder Kurve. Es wird mit jedem Kilometer bunter. Rechts der Strasse sehen wir ausgetrocknete Canyons und „abgeschnittene“ Berge, die sogenannten patagnoischen Mesetas. Nach den anfaenglichen Zweifeln gefaellt uns die Landschaft ausserordentlich gut. Die Farben reichen von beige ueber rot, braun, rosa, gelb... alles vertreten. Wir uebernachten 60 Kilometer vor Perito Moreno in der Tierra de colores, die weder auf der Karte, noch im Reisefuehrer oder in unserer App erwaehnt ist. Uns gefallen die leuchtenden Felsen im Sonnenuntergang auf jeden Fall sehr gut.
Nun nur noch Perito Moreno hinter uns bringen und schon erreichen wir Chile Chico - den Grenzuebergang nach Chile.
16.01. - 19.01.2017
El Chalten
Wir machen einen Tag Urlaub auf dem Campingplatz in El Calafate und fahren am nachsten Tag weiter nach El Chalten. Der Wind kommt von vorne links, wir stellen das Lenkrad auf 45 Grad, Vollgas und mit 60 kmh kommen wir vorwaerts. Die Strecke ist wunderschoen mit vielen Foto- und Aussichtspunkten. In El Chalten angekommen, gehen wir zur Ranger Station und erkundigen uns ueber die Wandermoeglichkeiten der nationalen Trekkinghauptstadt. Die Berge sind Teil des Nationalparks Los Glaciares, der Park in dem auch der Perito Moreno Gletscher liegt. Der Fitz Roy ist mit 3405 Metern der hoechste Gipfel hier. Leider zeigt er sich nicht komplett, entweder sieht man die Spitze und der untere Teil ist im Nebel verschwunden oder die Spitzen fehlen.
Nicht alle Guanakos schaffen den Seitenwechsel
Blick auf El Chalten und das Fitz Roy Gebirge
Wir machen zwei kleinere Wanderungen und fahren dann zum Wasserfall. Hier lernen wir Evelyn und Joerg kennen, die vermutlich beruehmsten T3-Suedamerikareisenden auf Facebook. Ihr Auto blieb vor 3 Monaten in Bolivien in den Anden mit einem Motorschaden liegen. In Bolivien konnte niemand helfen und die Angebote der Bolivianer, das Auto nach Chile zu schleppen waren zu teuer. Sie suchten Hilfe im Internet. Der T3-Club Chile erfuhr von den beiden und wollte helfen. Mit mehreren T3s fuhren sie nach Bolivien und schleppten den defekten T3 nach Santiago de Chile in die Werkstatt eines T3-Monteurs, der den Motor reparierte und die kaputten Teile austauschte. Fuer die Hilfe zahlten sie nur die Spritkosten der anderen Fahrzeuge. Diese unglaubliche Hilfeleistung schrieb Geschichte im Internet. Wir hatten sie auch gelesen aber rechneten nicht damit die beiden zu treffen. Daher war die Ueberraschung gross als sie anfingen von ihren Problemen in Bolivien zu erzaehlen und wir dachten: Das haben wir doch schon mal gelesen. Sie hatten in der Zwischenzeit andere Probleme mit der Lenkung, den Radlagern, merkwuerdigen Geraeuschen ... Sebastian versuchte zu helfen, aber mit ein paar Handgriffen was das Auto nicht zu reparieren – zuviel kaputt. Aber wir hatten einen schoenen Nachmittag und Abend mit den beiden und wuenschen Ihnen, dass sie und der T3 es noch bis Santiago de Chile schaffen.
T3-Treffen in El Chalten
Sandra und Timo, Britta und Sebastian, Eveline und Joerg
Wie vom Ranger empfohlen nehmen wir am Mittwoch die lange Wanderung „Laguna de los tres“ in Angriff. Die Tour soll landschaftlich so schoen sein, weil man auf dem Hinweg oft den Fitz Roy vor sich sieht – naja wir sehen nur Wolken und koennen noch nicht mal erahnen wo er ist. Nach gemuetlichen 9 km und einem steilen letzten Kilometer mit alleine 400 Hoehenmetern erreichen wir den Aussichtspunkt, der eigentlich einen schoenen Blick auf drei Gletscherzungen und einen leuchtend blauen See bietet. Als wir oben sind stuermt und regnet es leider von allen Seiten, man kann sich kaum auf den Beinen halten. Zur Mittagspause kauern wir uns hinter einen Stein wo wir relativ windgeschuetzt essen koennen. Geniessen sieht anders aus. Auf demselben Weg wandern wir zurueck. Am naechsten Tag wollen wir gegen Mittag weiter und stellen leider fest, dass sich der Tag viel besser fuer die Tour geeignet haette. Das ist das Spiel mit dem Wetter in den Bergen.
12.01. - 15.01.2017
El Calafate und Gletscher Perito Moreno
In Cerro Castillo lernen wir ein neues spanisches Wort: das spanische Wort fuer Streik. Die Grenzbeamten in Chile streiken. Von den drei Schritten an der Grenze wird nur der erste erledigt und die weiteren Schalter sind dunkel, unbesetzt und auf dem netten Schild steht: „Streik bis 17 Uhr“. Wunderbar :-( Das sind zwei Stunden Zwangskaffeepause und genug Zeit, um die undichte Wasserpumpe im „Bad“ auseinander zu bauen, um festzustellen, dass ein O-Ring gerissen ist.
Punkt 17 Uhr gehen die Lichter an und die Beamten fertigen nun in Windeseile alle Personen ab und das sind in der Zwischenzeit ziemlich viele. Wir warten bis der Ansturm weg ist und kommen als letzte an die Reihe.
Durch die Verzoegerung kommen wir erst nachts in El Calafate an und stellen uns auf einen Parkplatz am Seeufer. Morgens, wir stehen gerade auf und wollen gemuetlich fruehstuecken, kommen die ersten Tourbusse, Touristen mit Kameras bewaffnet springen raus, schnell 10 Fotos, wieder in den Bus rein und weiter geht’s. Schon kommt der naechste Tourbus...und dann sehen wir genauer hin: Wir haben vor der Flamingo-Lagune geparkt und vor uns im Wasser stehen hunderte Voegel mit dem langen Hals im Wasser und fruehstuecken ebenfalls, dann fliegen Entenschwaerme am Ufer entlang...ach wie schoen.
Spaeter fahren wir in die Stadt, zuerst in einen Eisenwarenhandel, der auf der Groesse einer deutschen Baeckerei alles von Betonmischer ueber Schubkarre bis hin zu den gesuchten O-Ringen verkauft. Dann weiter zum Autozubehoerhandel, um einen Oeltemperaturfuehler zu kaufen, denn unserer zeigt keine Temperatur an.
El Calafate ist zwar sehr touristisch aber trotzdem ein schoener Ort zum Spazierengehen. Als wir zurueck zum Auto kommen haben wir einen Zettel von „BummelMitPummel“, unseren Reisebekannten, mit Aufenthaltsort an der Windschutzscheibe. Wir sagen natuerlich „Hallo“ und tauschen bei Kaffee und Kuchen die Reisegeschichten der letzten zwei Wochen aus. Abends fahren wir in Richtung Gletscher Perito Moreno und schlafen ein paar Kilometer vom Eingang entfernt.
Am naechsten Morgen um 8 Uhr sind wir die ersten Touristen, die in den Nationalpark Perito Moreno fahren und das fruehe Aufstehen hat sich gelohnt. Es ist der groesste Gletscher der suedamerikanischen Anden und der meistbesuchteste Ort Argentiniens. Die Kalbungsfront ist ueber 4 km lang und 50 bis 70 m hoch. Anders als die meisten anderen Gletscher der Region, zieht sich der Perito-Moreno-Gletschers nicht zurück, seine Groesse ist seit mehr als 90 Jahren stabil. Die Ursache für dieses Verhalten könnte in der Geometrie des Gletschers liegen oder in den hier herrschenden Winden.
Der Himmel ist dunkel und es sieht nach Gewitter aus. Der Gletscher lebt, es kracht manchmal am Rand des Gletschers und kleine Eisbrocken fallen tosend ins Wasser, der Schall des Knalls kommt erst viel spaeter auf der Aussichtsplattform an. Dann kracht es wieder im Inneren des Gletschers und ein Raunen geht durch die Eiszacken. Wirklich ein Erlebnis. Wir sehen wie grosse Risse entstehen und freuen uns schon auf den naechsten Abbruch – was ein Naturspektakel. Nachmittags bricht eine 70m hohe Wand ab – sie loest eine riesige Welle aus, die entlang des ganzen Gletschers abebbt und dort die naechsten Stuecke abreisst. In der Zwischenzeit steht ueber uns die Sonne und der Gletscher leuchtet hellblau, wohingegen der hintere Teil des Gletschers liegt immer noch unter schwarzen Wolken.
Am Abend treffen wir uns mal wieder allen Overlandern, die wir seit Wochen staendig treffen auf dem Campingplatz zum Grillen.